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13.11.2016 Dunkle Schatten zogen über das Höfchen hinweg.

Genau das war der Grund für mein langes Schweigen. Meine treuen Leser bitte ich dafür um  Entschuldigung.

Es begann damit, dass die zunächst noch eher spielerisch ausgefochtenen Streitigkeiten meiner jungen Hängebauch-Keiler zunehmend heftiger ausfielen, bis sich die jetzt nahezu erwachsenenen Tiere, nunmehr  unter dem Einfluss größerer Testosteronmengen im Blut, täglich  blutige Wunden zufügten.  - Meine Betaisodona-Vorräte gingen rasend schnell zur Neige! - Es blieb schließlich nur der Weg, die beiden vorläufig zu  trennen. Schweren Herzens entschloss ich mich dazu, eine Kastration der Raufbolde in die Wege zu leiten. Bis dahin hatte ich immer noch gehofft, einen solchen Eingriff vermeiden zu können, nahm ich doch an, irgendwann werde sich eine bleibende Rangordnung von allein einstellen und weiteres Blutvergießen damit ein Ende finden. Ein Termin mit einem auf Schweine spezialisierten Tierarzt wurde vereinbart. Nach wenigen Tagen war dieser vor Ort, ein Nachbar  stand als Helfer bereit. Ich selbst hielt es für besser, mich aus dem weiteren, für die beiden Tiere sicher nicht ganz unproblematischen Prozedere  ganz herauszuhalten. Die Tiere sollten unangenehme, da furchteinflößende  Erfahrungen nicht mit meiner Person verbinden und damit möglicherweise ihr Zutrauen und ihre mir so lieb gewordene Anhänglichkeit verlieren.
Während Kalle ganz problemlos narkotisiert werden konnte, entzog sich Schnuffel zweimal erfolreich dem Zugriff des Arztes und seines Helfers. Er floh durch einen beherzten Sprung über das etwa 60 cm hohe Törchen des Stalles und war danach nur durch meine Mithilfe wieder in ein kleines absperrbares Areal zurückzubringen. Ich hatte ihn mit seinem Lieblingsfutter, Eicheln, gelockt und mich umgehend wieder  aus dem Staub gemacht. Schnuffel hatte aber mittlerweile soviel Adrenalin im Blut, dass die Betäubung kaum wirkte. Erst nach der dritten Injektion fiel er in einen  halbwegs ruhigen Schlaf.
Nach mehr als eineinhalb Stunden war es geschafft. Beide Jungmänner waren "entmannt"! Zu meiner großen Freude entpuppten sie sich nach dem Aufwachen  und den ersten torkeligen Schritten  als genauso anhänglich und schmusig wie zuvor, allerdings nur mir gegenüber. Erst nach gut drei Wochen, als der Testosteronspiegel genügend gesunken war, durften die nun wieder verträglichen Brüder erneut gemeinsame Wege gehen.

Und es gab ein weiteres schlimmes Ereignis!
Meine Katze Sophie war seit acht Tagen verschwunden. Gerade mit dem Füttern  fertig geworden, entdeckte ich in einiger Entfernung auf dem Grünstreifen am Straßenrand etwas Helles. Konnte das vielleicht ein Katzenkopf sein, der von Sophie? Ich wollte mich vergewissern und verließ das Höfchen um nachzusehen. Mein Wunschdenken erwies sich als irrig. Auf dem Weg zurück  bemerkte ich an einer Pforte eine Bewegung. Irgend etwas Wuscheliges, das dort nicht hingehörte.  Der Zottelopf eines meiner beiden Alpakas? Beim Näherkommen durchfuhr es mich wie ein elektrischer Schlag: Mein Borderkollie Benji hing kopfunter an der Pforte, verzweifelt zappelnd in dem Bemühen sich zu befreien. Er hatte sich am eigenen Fell  aufgehängt, offenbar bei dem Versuch, die Pforte zu überspringen um mir zu folgen. - Der Befehl "Bleib!"  den er kennt und in der Regel auch beherzigt, hätte ihn vielleicht von dem so verhängnisvollen Sprung abgehalten. - Ich hatte einfach nicht daran gesdacht, war in Gedanken nur bei der verschwundenen Katze gewesen! Meine Schuld!
Wie automatisch liefen die nächsten Schritte ab: Benji befreien, vorsichtig absetzen, die Verletzung inspizieren. Der Hund hatte sich durch sein wildes Zappeln das Fell des linken Oberschnenkels in Lappen abgezogen, so dass eine sehr große Wundfläche  enttstanden war. Das Bein erschien mir im unteren Teil ebenfalls gebrochen, denn das verletzte und schockierte Tier hatte sich sofort ins Gras sinken lassen, als ich es absetzte. Einen guten Bekannten, der kurz zuvor mit seinen beiden Hunden vorbeibekommen war, rief ich zu Hilfe, bat ihn, Benji zum Auto zu tragen, während ich den Schlüssel holte. Ungefähr 20 Minuten später lag mein treuer Freund bereits narkotisiert auf dem OP-Tisch. Ich fuhr nach Hause. Erst jetzt begannen die Tränen zu fließen.
Positive Nachrichten kamen telefonisch etwa zwei Stunden später: das Bein war nicht gebrochen. Die abgezogenen Hautlappen waren in Position gebracht und mit insgesamt 73 Stichen wieder zusammengeflickt worden. - Wir haben die Knoten nach zwölf Tagen beim Fädenziehen gezählt! Nur zwei Löcher blieben an den Stellen, an denen die Haut zu zerfleddert gewesen war. Eine Woche lang musste Benji beim Arzt unter Beobachtung bleiben. Es fiel mir schwer ihn nicht zu besuchen  zu dürfen, doch hätte er sich ganz gewiss zu sehr aufgeregt, sich dabei übermäßig bewegt und wohl auch nicht verstanden, warum er nicht  nach Hause mitkommen durfte. So begnügte ich mich zwangsläufig damit, täglich die  Genesungsfortschritte  meines  mir so ans Herz gewachsenen Kameraden zu erfragen, bis ich ihn endlich - nach acht langen Tagen - mitnehmen und selbst die noch notwendige Wundpflege durchführen könnte. Die erforderliche tierärztliche Kontrolle lief natürlich parallel dazu ab.
Mehr als zwei Wochen lang blieb es Benji nicht erspart, eine riesige Halskrause tragen, damit er die Wunden nicht ständig wieder auflecken konnte. Nur beim Fressen und bei Spaziergängen nahm ich sie ihm ab. Wochenlang ertrug er alles geduldig - bis das letzte noch offene Loch sich geschlossen hatte. Nun konnte die verhasste Halskrause entfernt werden.  Das Schlimmste war überstanden. - Für ihn!


Ein neuer, noch dunklerer Schatten fiel auf das Höfchen: Es war war an einem Montag Morgen.-
Im nächsten Ort gibt es eine Tankstelle, die grundsätzlich bis um acht Uhr in der Frühe das meist gegen Abend günstigere Benzin anbietet. Ich musste tanken und wollte rechtzeitig, d.h. vor Umstellung der Preise, dort sein.
Es war "Rush Hour", die Zeit also, zu der viele Menschen auf dem Weg zur Arbeit in ihren Autos unterwegs sind. Als ich beim Einbiegen in eine zu dieser Zeit ziemlich stark befahrene Straße einbiegen wollte, sah ich, nach rechts blickend, eine Katze mitten auf der Straße liegen. Ich hielt sie für tot, wollte sie aber dennoch an die Seite legen, bog somit nach rechts ab und hielt am Straßenrand. Beim Näherkommen fiel mir die Ähnlichkeit mit meiner Lea auf: wunderschön breit getigert, mit weißen Pfötchen. - Dann kam der Schock: Das verunglückte Tier war meine eigene Katze, Lea! Blut tröpfelte  ihr aus Mäulchen und Nase. Aber sie atmete noch. Ich erstarrte, hatte dann nur einen Gedanken: schnell zum Tierarzt, damit sie von ihren Qualen befreit wird. Vorsichtig legte ich Lea auf die Fußmatte vor dem Beifahrersitz, fuhr zur Praxis des Tierarztes, der mich noch wenige Tage zuvor mit den Worten verabschiedet hatte: Kommen Sie gern wieder, aber bitte nicht mit einer solch komplizierten Geschichte, lieber nur zum Impfen oder so ... Das Haus war noch dunkel, doch heftete im Fensterausschnitt der Eingangstür ein Zettel mit einer Notruf-Mobilnummer. Mit zitternden Finger wählte ich. Zehn Minuten später wurde Lea sediert und gegen Schock behandelt. Auf ihre Überlebenschance angesprochen, vermochte mich der Arzt nur mit einem "Wenn sie großes Glück hat:  Fifty-Fifty" zu vertrösten. - Ich war überzeugt, sie nicht mehr lebend zurückzubekommen. - Wieder liefen die Tränen!
Doch es kam anders. Lea hat - trotz schwerer Verletzungen - überlebt! Noch muss sie in einem Käfig mit gut einem halben Meter Grundfläche leben. Neben einem Pneumothorax, der gottlob von allein ausheilte, einem Riss in der Lippe und einem abgebrochenen Zahn war das linke Hinterbein im Oberschenkel gebrochen. Eine Operation, bei welcher  der durchgebrochene Knochen von innen mit nagelartigen Stützen  fixiert werden sollte, war dringend geboten. So wurde sie am folgenden Donnerstag, nachdem ihr das Atmen wieder deutlich leichter fiel, operiert. Zehn Tage blieb sie in stationärer Behandlung. Täglich durfte ich sie besuchen.
Heute geht es ihr schon wieder recht gut. Sie frist, schnurrt und schmiegt ihr Köpfchen in meine Hand, wenn sie gestreichelt wird. Damit signalisiert sie eindeutig zunehmendes Wohlbefinden.  Noch entlastet sie beim Laufen das verletzte Bein, was mir allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht ungewöhnlich erscheint.

Ich halte Sie auf dem Laufenden. - Bitte halten auch Sie die Daumen für Leas vollständige Genesung - und bleiben Sie mir treu.