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19.05.2015: Warum sind sie geblieben?

Großkampftag: Morgens habe ich eine teilzeit-berufliche Verpflichtung. Anschließend müssen die Alpakas auf den Pferdeanhänger gebracht werden. Sie sollen zur jährlichen Schur, 65 km von meinem Wohnort, transportiert werden. IMG 20141205 070328Vorher sind noch alle anderen Tiere zu füttern und mit frischem Wasser zu versorgen. - Wie aber nun die Alpakas dazu bringen, auf den Anhänger zu steigen? In den letzten Jahren hatte ich stets Hilfe. Wenn mehrere Personen sie einzingeln und zum Schluss schiebend etwas Moon Shadownachhelfen, gelingt das Verladen meist in relativ kurzer Zeit. Diesmal war ich allein - alle potentiellen Helfer krank oder terminlich gebunden. Was also tun? Ich musste versuchen, Shadow, den dominanten und größeren Wallach, aufzuhalftern, was ich allerdings bisher noch nie selbst tun musste. Wie also vorgehen? Mit ein paar Tricks in ein Ecke gedrängt, ließ er es tatsächlich geschehen, sich von meinen zitternden Händen das Halfter anlegen zu lassen - ohne zu spucken, zu treten oder sich aufzubäumen! Gegen anfänglichen Widerstand ließ er sich sogar auf den Anhänger führen und dort festbinden. (Angespuckt hat er mich ohnehin noch nie. Dazu sucht er sich andere Opfer: Manolo, wenn die beiden ihre Scheinkämpfchen ausfechten oder die Nandus, wenn sie ihm das Futter "klauen" wollen. Auf dem Höfchen fressen nämlich fast alle alles, - ausgenommen die Gourmets unter meinen Tieren, die Katzen Sophie und Lea.)       

Mit Shadow als "Lockvogel" gelang es schließlich - mit etwas Nachhilfe - , Manolo dazu zu bewegen, sich seinem Kumpel anzuschließen.
Dann die schwere Rückklappe hochwuchten, verschließen und sichern. Das Auto holen, den Anhänger ankoppeln, den Strom anschließen und vom Höfchen fahren. Endlich kann es losgehen! Auf dem Zielhof ins Menslage, wo ich in 2009 die Tiere auch gekauft hatte, scheren in den letzten Jahren zwei junge Amerikaner, die jedes Jahr einige Wochen in Deutschland touren, auf den großen Alpaka-Höfen scheren und das Ganze dann mit einem Urlaub verbinden. Einer der beiden ist selbst Besitzer einer großen Zucht in den USA. Er hat unglaublich viel Routine: Krallen Schneiden, Zähne korrigieren (etwas abschleifen) und scheren, das alles dauerert nicht länger als etwa 15 Minuten pro Tier.                                                                                                                                                                                                       Bei unserer Ankunft bei Artland Alpakas war gerade Mittagspause. Danach kamen wir gleich an die Reihe. Shadow zuerst: auf einer weichen Unterlage wird das Tier gestreckt, auf einer Seite gelagert, nach dem Schnitt dieser Körperhälfte gewendet und die Schur zuendegeführt. Die "Ernte", das wunderschön weiche Flies (die Wolle der Flanken) und auch die Wolle zweiter Klasse (vom Hals) sowie die drittklassige wolle der Beine werden in Papiertüten verpackt.       Abschließen gab es vom ältesten Sohn des Hauses für beide Tiere noch eine Injektion gegen Milben und Würmer. Am Hof dort geht das alles gottlob ganz ohne meine Hilfe, - auch das Rückverladen auf den Anhänger. Noch ein Pläuschchen mit Enno Bruns, dem Hofbesitzer, dann kann es nach Hause gehen. Irgenwie war das Navi nicht günstig eingestellt. Es führte mich durch mir gänzlich unbekannte Ort- und Landschaften, - und die Fahrt dauerte ewig lange, wohl doppelt so lange wie der Hinweg.

Müde von all der Anstrengung und Aufregung schließlich Ankunft am Maedel-Höfchen. - Dann der gewaltige Schock!!! Das Hoftor steht sperrangelweit offen. Mein erster Gedanke: die Nandus! Bestimmt sind alle weg!!! Kennen doch die meisten von uns die Geschichte der jetzt in Mecklenburg Vorpommern frei lebenden Nandus, die einem Halter in der Nähe von Lübeck ? "ausgebüxt" waren! Doch dann sehe ich einen der Youngster auf dem Nest sitzen. Ein Blick auf die hintere Weide bringt noch mehr Erleichterung: da steht der große weiße Hahn, aufrecht, stolz und in voller Schönheit. Auch das weibliche Tier ist noch da. Ganz zuletzt entdecke ich  meinen frechen - mir aber dennoch sehr ans Herz gewachsenen - weißen Junghahn, der stets versucht, alles zu ergattern was nicht niet- und nagelfest ist. (Siehe Foto vom vortetzten Blog!) Welche Freude! Ich bin unendlich dankbar! Doch kann ich immer noch immer nicht begreifen, weshalb die Nandus nicht die Chance genutzt haben, das Weite zu suchen und das viele frische Grün außerhalb ihrer kleinen Weiden zu probieren,- die große Freiheit zu erobern?  Sollten auch sie, wie Hühner und Enten, einmal an einen festen Standort und gutes Futter gewöhnt, diesem treu  bleiben? Oder hatten sie einfach zu viel Angst? - Ich werde es wohl nie herausfinden.

Nun schnell die Klappe des Anhängers öffnen. Da liegen die beiden frisch Geschorenen - Alpakas legen sich während des Transportes grundsätzlich hin, was die Fahrt für sie nicht nur angenehmer, sondern auch ungefährlicher macht. Auch Shadow und Manolo sind offenbar froh, wieder zuhause zu  sein. Sie verlassen den Anhänger ohne viel Aufhebens, laufen auf die Weide und beginnen zu grasen.

Fotos folgen.

Bleiben Sie mir treu!